Jetzt mal ehrlich

Warum für Klimaschutz die Landwirtschaft ändern?
So schlimm sind doch unsere Methoden nicht, oder?

Also 5 vor 12 sollten wir endlich die wesentlichen Kriterien für Klimaschutz ehrlich beim Namen nennen und nichts mehr mit statistischen Rechenkünsten beschönigen. Die globale Landwirtschaft ist mit ca. 24% der 2. größte Emittent von Treibhausgasen, nach dem Energiesektor. Das ist die Wahrheit, auch wenn viele offizielle Statistiken uns z.B. für Österreich und Deutschland etwas anderes erklären. Warum EU-Länder niedrigere Zahlen vorweisen können? Ganz einfach: in europäischen Ländern werden aufgrund von EU Richtlinien die Emissionen ohne Landnutzung, Landnutzungsänderungen und Forstwirtschaft (land use, land use change and forestry – LULUCF) ausgewiesen.

Unterschiedliche Berechnungsmodelle können die Tatsachen auch nicht ändern. Eine Agrarwende ist unpopulär aber dringend notwendig.

Die österreichischen und deutschen Statistiken der jeweiligen Ministerien bzw. des jeweiligen Umweltbundesamtes sprechen von unter 10 % Treibhausgas-Emissionen durch die Landwirtschaft. Und diese Berechnung ist durchaus korrekt, da eben in EU- Ländern noch bis 2021 die Emissionen ohne Landnutzung, Landnutzungsänderungen und Forstwirtschaft berechnet werden (Die Gründe dafür sind in den Regelungen des Kyoto-Protokolls zu finden).

Und zusätzlich werden weder die Erzeugung der Düngemittel noch die Erzeugung der Futtermittel in anderen Ländern in unseren Treibhausgas-Bilanzen berücksichtigt, obwohl diese selbstverständlich zu 100 % der Landwirtschaft zuzurechnen sind. Heißt also, die EU-Berechnungen berücksichtigten derzeit nur das, was unmittelbar vor Ort in der Landwirtschaft anfällt z.B. durch die Ausbringung von Stickstoffdünger oder das Halten von Tieren. Es berücksichtigt aber nicht die nur für die Massentierhaltung importierten Futtermittel, Waldrodungen und Grünlandumwidmungen zugunsten von Ackerflächen oder gar die energieintensive Produktion von mineralischen Düngemitteln. Deutschland importiert z.B. Tierfutter von mehr als 2,4 Mio. Hektar Fläche pro Jahr und die gesamte EU benötigt für seinen Lifestyle (nicht nur Essen) die riesige Fläche von 640 Mio. Hektar Landfläche außerhalb seiner Grenzen – nachzulesen im Bodenatlas der Heinrich Böll Stiftung aus dem Jahr 2015. Bedenkt man das alles, dann summiert sich die von der Landwirtschaft verursachte Treibhausgas-Emission zu einem Wert über 20 % – in Deutschland, Österreich und der gesamten EU.

Die FAO inkludiert Landnutzung, Waldwirtschaft und Landwirtschaft in der Berechnung der globalen Emissionen der Landwirtschaft und kommt damit auf einen Wert von aktuell 24 % und darüber.

Fakten & Zahlen der FAO (Zitat der dt. Webseite des Weltagrarberichts):

„Land- und Forstwirtschaft und das gesamte Ernährungssystem sind eine signifikante Treibhausgasquelle: 23% der anthropogenen Treibhausgasemissionen entfielen 2007–2016 auf diesen Sektor – bei den Methanemissionen betrug der Anteil 44% und beim Ausstoß von Lachgas 82%. Rechnet man die der Lebensmittelproduktion vor- und nachgelagerten Emissionen im globalen Ernährungssystem hinzu, verursacht der Sektor 21 – 37% aller Treibhausgasemissionen.“

Laut FAO trägt der Agrarsektor – Böden, Wälder und Ozeane – aktuell (2018) rund 24 % zu den globalen Treibhausgasemissionen bei.

Aber die Landwirtschaft könnte sich vom Problem des Klimawandels auch zur Lösung des Klimawandels entwickeln.

Wie? Bei der FAO ist man durch Forschung und Studien überzeugt, auch wenn der Agrarsektor heute für fast ein Viertel der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich ist, hat er ein großes Potenzial, große Mengen an Kohlenstoff in Böden, Wäldern und Ozeanen zu speichern und aktiv etwas zum Klimaschutz beizutragen. Wir können die Emissionen erheblich reduzieren, indem wir intelligentere, integrierte Bewirtschaftungssysteme und eine bessere Forstverwaltung und Flächennutzungsplanung anwenden und zu Ansätzen übergehen, die die biologische Vielfalt schützen, natürliche Ressourcen nachhaltig nutzen und Ökosystemdienstleistungen fördern. Dazu gehört z.B. die Übernahme von Best Practices in der Tierfütterung bzw. Tierhaltung indem nur so viele Tiere gehalten werden, wie man von der eigenen Bodenfläche ernähren kann und damit einhergehend natürlich ein anderes Bewusstsein beim Konsum von Fleisch, Eiern und anderen tierischen Rohstoffen. Aber auch ein besseres Management von Gülle sowie die bessere Nutzung von Technologien in der Biogaserzeugung und bei energiesparenden modernen Anwendungen sind Themen in der Umstellung auf eine nachhaltige Landwirtschaft.

Nachfolgend drei kurze Beispiele bzw. Möglichkeiten für eine klimaschonende landwirtschaftliche Praxis:

  1. WÄLDER – Die Abholzung tropischer Wälder und die Reduktion der Wälder durch landwirtschaftliche Expansion wie Umwandlung in Weideland oder zerstörerischen Holzeinschlag, Waldbrände und andere Ursachen machen 11 % der weltweiten Treibhausgasemissionen aus. Agroforstwirtschaft und die Verringerung der Entwaldung sind eine der effektivsten und unmittelbarsten Lösungen zur Eindämmung des Klimawandels bei gleichzeitiger Erhöhung der Ernährungssicherheit.
  2. TIERHALTUNG – Die Lieferketten für Nutztiere machen 14,5 Prozent des weltweiten anthropogenen Treibhausgases aus. Rinder sind für rund zwei Drittel davon sind verantwortlich. Die FAO schätzt, dass durch verbesserte Bewirtschaftungspraktiken (z.B. extensive Weidehaltung) die Emissionen, insbesondere Methan, um etwa 30 % gesenkt werden könnten. Darüber hinaus können durch eine verbesserte Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Nutzflächen bis zu 63 Gigatonnen Kohlenstoff aus der Atmosphäre gebunden werden.
  3. BÖDEN – Etwa 33 Prozent unserer globalen Böden sind mäßig bis stark degradiert und können keine wichtigen Ökosystemleistungen wie Nahrungsmittelproduktion oder Wasserspeicherung erbringen (das zeigt sich auch bereits in Deutschland und Österreich). Durch die Verbesserung der Bodengesundheit und den Aufbau von Humus könnte das volle Potenzial der Böden wieder hergestellt werden und degradiertes Land wieder belebt werden. Nimmt der Humusgehalt und somit der natürliche Kohlenstoff im Boden wieder zu, kann die Lebensmittelproduktion um 17,6 Megatonnen gesteigert werden und auch die Bodenfruchtbarkeit unter schwierigen Bedingungen wie z.B. Trockenheit erhalten bleiben. Während der Verlust gesunder Böden global rund 78 Gigatonnen Kohlenstoff in die Atmosphäre freigesetzt hat, könnten durch die Sanierung landwirtschaftlicher degradierter Böden wieder bis zu 51 Gigatonnen Kohlenstoff aus der Atmosphäre gebunden werden.

Warum also auch wir in Österreich und Europa gefordert sind unsere Landwirtschaft zu ökologisieren, folgt in Kürze im nächsten Beitrag. Eines sei dazu hier schon verraten: Regional ist nicht die kleine Schwester von Bio.
Eine Agrarwende muss eine ökologische Wende sein.

Weiterführende Links, Quellen und Studien:

Thema Klima und Landwirtschaft:

MCC Berlin – Klima und Politik

IPCC – internationaler Bericht August 2019

IPCC-Bericht, August 2019, Zusammenfassung in deutsch

Weltagrarbericht dt., Klima und Energie

DNR – Deutscher Naturschutz Ring: Unsere Landnutzung zerstört die Erde

FAO’s work on Climate Change

Dt. Umweltbundesamt – Daten zur Umwelt 2018

Bodenatlas der Heinrich Böll Stiftung

Ein Gedanke zu „Jetzt mal ehrlich

  1. Regional ist nicht die kleine Schwester von Bio – endlich mal klare Worte. Und Schluss mit der Schönmalerei! Danke.

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