Nemo, Dorie und 35 ihrer Freunde gerettet

Bei meinem täglichen Strandspaziergang habe ich es mir angewöhnt, einen Handschuh und einen Müllsack eingesteckt zu haben. Ja, ich gestehe es – ich gehöre zu den Müllsammlern an der Küste. Warum? Weil ich die täglichen Meldungen über den Tod tausender Fische und Meeresvögel mit Plastik in ihren Mägen nicht einfach tatenlos hinnehmen will.

Plastikteilchen und Zigarettenfilter töten Meerestiere

Und zum Plastik hat sich vor Kurzem noch eine Meldung in den Medien breit gemacht, die eigentlich auf „alten“ Studien beruht, aber durch einen aktuellen Verbotsantrag plötzlich ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gelangte: die Gefahr von Zigarettenfiltern.

Vor zwei Tagen wurde in Österreich das Verbot von Zigarettenfiltern gefordert, weil sie enormes Müll- und Umweltgiftproblem darstellen. Eine Studie der WHO aus dem Frühjahr 2017 hat darin belegt, dass jährlich

  • 5,6 Billionen Zigaretten geraucht werden,
  • was in etwa 750.000 Tonnen Müll entspricht und davon sage und schreibe
  • 4,5 Billionen Filter achtlos weggeworfen werden,

wo der Raucher/die Raucherin gerade steht. So ein verbrauchter Filter enthält laut Untersuchung bis zu 7.000 chemische Stoffe – von Arsen, über Schwermetalle wie Blei, Kupfer, Chrom und Kadmium – sowie natürlich das Nervengift Nikotin. So ein Zigarettenfilter ist also hochgiftiger Sondermüll. Aber in Wahrheit liegt er meist irgendwo in der Umwelt, wird angeregnet oder weggespült und die wunderbar konzentrierten Gifte aus dem Filter werden sorgfältig ausgespült und sickern in die Umwelt und die Gewässer. Dazu gibt es eine viel zitierte amerikanische Studie aus dem Jahr 2011, die belegt, dass bereits ein gelöster Filter tödlich ist für kleinere Süß- oder Salzwasserfische.

Also habe ich meine Plastiksammlung am Strand um Zigarettenkippen erweitert. Und heute mit rund 37 Zigarettenkippen unsere Freunde Nemo, Dorie und 35 Artgenossen gerettet.

Plastik im Meer auch durch die Fisch- und Muschelzucht hausgemacht

Das Bild das sich auf dem Strandabschnitt an dem ich am Golf von Triest unterwegs bin immer wieder bietet, sind große Mengen an weißen Plastiknetzen. Lange Zeit wusste ich nicht, woher diese wohl kommen sollten. Flaschen, Verschlüsse, Folien und sonstiges Zeug ist als menschlicher Abfall leicht zu identifizieren, aber woher kommen all diese Netze?

Muschelzucht im Netz könnte auch plastikfrei sein

Eine kurze Recherche brachte Licht ins Dunkel: Muscheln und teilweise auch Fische werden in diesen Plastiknetzen gezüchtet – und im Golf von Triest ist man Meister der Muschelzucht. Immer wieder lösen sich aber Netze bei Stürmen von ihren Tauen an denen sie hängen oder die Netze fallen bei der Ernte zurück ins Meer und bleiben dort zurück. Damit sorgen Fisch- und Muschelzüchter selbst für jede Menge Plastikmüll im Meer, wo genau das Ökosystem gestört wird, das sie eigentlich nutzen möchten für ihr Einkommen.

Umwelt- und fischfreundlichere Zuchtnetze aus Lyocell – einer Holzfaser – sind seit kurzer Zeit am Markt und entwickelt, aber offenbar haben sie sich noch nicht in der großen Masse durchgesetzt. Zugegeben für die Konsumenten ist das alles nicht erkennbar und wir können beim Kauf nicht wissen wie diese Muscheln kultiviert wurden. Aber wir können immer wieder fragen – bei unseren Fischhändlern genauso wie in Orten in denen wir diese Art von Zuchtbänken im Meer erkennen. Und wir können natürlich (gesellschafts)politisch aktiv sein und das Thema immer wieder bei Politikern vorbringen und anbringen genauso wie bei NGOs, die sich zum Schutz der Meere einsetzen. Aber natürlich auch bei Organisationen, die Lebensmitteln aus dem Meer zertifizieren wie MSC und ASC unter Beteiligung des WWFs. Auch wenn es immer wieder viel Kritik gibt an diesen „Zeichen-Organisationen“, wir als Konsumenten können durchaus Bewusstsein schaffen, dass uns Themen interessieren und es nicht nur um die Fangmethoden geht sondern auch um die verwendeten Mittel.

Die Liebe zum Meer

Strandspaziergänge gehören mitunter zum Schönsten, was ein Meeraufenthalt im Herbst zu bieten hat. Und möglicherweise bin ich eine verrückte Idealistin, aber das stört mich schon lange nicht mehr. Allen Unkenrufern rufe ich überzeugt zu, dass jede/jeder von uns etwas bewirken kann, denn gemeinsam sind wir viele, und ich möchte nicht wissend sein und gleichzeitig tatenlos zusehen. Das schulde ich unserer Welt, die es bisher gut mit mir und meinen Liebsten meinte. Und ich möchte, dass auch meine Enkelgeneration noch das Meer liebt und ganz bewusst auch hin und wieder Meerestiere genießen kann. Die Schätze des Meeres gehören zweifelsohne auch zu den wunderbarsten Delikatessen und Geschmackserlebnissen, die wir erleben dürfen.

Weiterführende Links, Quellen und Studien:

Thema Zigarettenfilter:

WHO Studie zu Tabak und seine Umweltauswirkungen

US Studie zur Auswirkungen von Zigarettenfilter auf Fische

ZDF Doku über Zigarettenfilter

Thema Muschelzucht:

Factsheet dt. Umweltbundesamt zu Meeresmüll

MSC Website zu Muscheln

ASC Website zu Muschel-Aquakulturen

Website von einem Hersteller von Plastiknetzen

Website von einem Hersteller von Holzfasernetzen

 

 

 

2 Gedanken zu „Nemo, Dorie und 35 ihrer Freunde gerettet

  1. Vielen Dank, dass du agierst, informierst, und Bewusstsein schaffst! Danke, dass du mithilfst unsere Welt zu retten!

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