Was passiert mit Obst, Gemüse und Fleisch das jetzt nicht nach Russland geht? Geht es auf den Müll? Wofür sind die Ausgleichszahlungen an die Landwirte? Liebe LeserInnen – ich war selbst über 10 Jahre in der Landwirtschaft. Ich weiß, wie schwer es ist sein Geschäft mit der Natur zu machen. Und ich gönne den Landwirten ihre starke Lobby – aber ich würde trotzdem gerne wissen was mit den Produkten denn passiert und wofür der österr. Steuerzahler da aufkommt.
Bei allem Verständnis für die Landwirtschaft halte ich es eher mit Josef Urschitz von der Presse und seinem Kommentar am Samstag 9.8.: Welche andere Branche bekommt Ausgleichszahlungen für den wegbrechenden Markt? Auch die, die unsere Rohstoffe zu tollen Delikatessen veredeln und exportieren? Ich war selbst mehrere Jahre in einem steir. Lebensmittelbetrieb, der für sein hochwertiges Produkt in den letzten Jahren mit viel Geld den Markt in Russland aufgebaut hat. Wer hilft diesen Unternehmen, deren Markteintrittsgelder jetzt alle verloren sind. Fünf Jahre Marketing, Geld für Verkaufsagenturen, Messebesuche, teure Geschäftsreisen für Verkaufstermine, Bestückung der Testmärkte, Gutachten und Zulassungen – wer ersetzt das?
Liegt es vielleicht daran, dass unsere Landwirtschaft nicht eigenständig lebensfähig ist, weil in Wahrheit immer alles gestützt wird und wir KonsumentInnen gar nie ehrliche Produktionspreise bezahlen? Auch wenn subjektiv alle immer sagen unsere Lebensmittel sind zu teuer stimmt das in Wahrheit nicht. Mitte der Siebzigerjahre (1974) wurde 21 Prozent der Haushaltsausgaben in Lebensmittel und alkoholfreie Getränke investiert, 2011 lag der Anteil mit 12,1 Prozent deutlich niedriger. Zwischenzeitlich nähern wir uns einer Marke im einstelligen Bereich. Fragt sich jemand, warum das so ist? Natürlich auch, weil immer mehr Lebensmittel im Überfluss produziert werden. Kein westliches Land versorgt sich heute nur selbst – gerade Europa ist Exportweltmeister von Fleisch, Milch und anderen landwirtschaftlichen Produkten und reguliert damit seit 1970 seine Überproduktion – EWG/EU-gestützt und gefördert. Und das sehr oft zulasten der Dritten Welt, wo Regenwald abgeholzt wird, damit europäische Bauern ihre Schweine mit billigem Soja füttern können. Seit 1992 gibt es Direktzahlungen – aus Landwirten wurden Großbetriebe, denn je mehr Produktion desto mehr Förderung… Der Kreislauf der landwirtschaftlichen Produkte muss grundlegend neu gedacht werden. Die heimische Landwirtschaft sollte primär produzieren, was im Land selbst gebraucht wird und das zu ehrlichen Gestehungskosten ohne Subventionen – weder für den Export noch für die Produktion. Das würde eine höhere Qualität der Produkte sichern, mehr Bewusstsein bei den Konsumenten fördern und Lebensmitteln wieder mehr Wert geben!